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PRESSEMITTEILUNG FORUM JACOB PINS
PRESSEMITTEILUNG FRITZ ASCHER SOCIETY
BIOGRAPHIE FRITZ ASCHER
BILDNACHWEISE

FOR IMMEDIATE RELEASE
August 26, 2020

Anlässlich des 50. Todestages des Künstlers zeigt das Forum Jacob Pins vom 6. September bis zum 29. November 2020 rund 40 Gemälde und Grafiken des Berliner Spät-Expressionisten Fritz Ascher (1893-1970). Von den Nationalsozialisten als „entarteter“ Künstler und geborener Jude verfolgt, überlebte Ascher zwei Weltkriege und blieb in Berlin, wo er lebte und arbeitete. Sein Schicksal steht exemplarisch für zahlreiche Künstlerinnen und Künstler der sogenannten „verlorenen Generation“, deren Karrieren 1933 abrupt unterbrochen oder beendet wurden. Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit der Fritz Ascher Society for Persecuted, Ostracized and Banned Art in New York organisiert und zeigt erstmalig Aschers gesamte Werkgruppe zum Thema des Clowns, das den Künstler sein Leben lang beschäftigte, und stellt diesen Arbeiten die nach 1945 dominierenden Seelenlandschaften gegenüber.

Ob in szenischem Zusammenhang oder als Einzelfigur, der Clown nimmt immer die Rolle des Abseitigen ein, die des Einzelnen gegenüber Vielen. Er wird belacht und verlacht, ist Narr, Verachteter und Erniedrigter, handelt immer aus einer Randposition heraus. Seit ca. 1916 setzt sich Fritz Ascher in Gemälden, Zeichnungen, Lithografien und Gedichten intensiv mit der Figur des Clowns, des Bajazzo auseinander, etwa gleichzeitig mit Künstlern wie Max Beckmann, Marc Chagall, oder Pablo Picasso. Ausgehend von der in den 1920er Jahren beliebten Oper “I Pagliacci” von Ruggero Leoncavallo (1857 – 1919) kreiert er sowohl szenische Darstellungen der tragischen Liebesburleske als auch Studien des Bajazzo, des Pagliaccio oder Clowns als Einzelfigur. Die Intensität im künstlerischen Ausdruck der Figur verweist auf Analogien zu ihm selbst, die zunehmende Parallelität zwischen Rolle und eigenem künstlerischem Ich.

Auf Empfehlung Max Liebermanns studiert Ascher ab 1909 an der Königsberger Kunstakademie bei Ludwig Dettmann, einem der Mitbegründer der Berliner Secession. Ab 1913 arbeitet Ascher als freier Künstler in Berlin und studiert bei Lovis Corinth, Adolf Meier und Kurt Agthe. Auf seinen Studienreisen trifft er in München auf die Künstler der Gruppe Der Blaue Reiter und auf Mitarbeiter des satirischen Magazins Simplicissimus, darunter Alfred Kubin, George Grosz und Käthe Kollwitz, und besucht Edward Munch in Norwegen. Beeinflusst wird Aschers Werk auch von Emil Nolde, Georges Rouault und Ludwig Meidner. Im Spannungsfeld der künstlerischen Tendenzen seiner Zeit findet Ascher eine ganz eigene künstlerische Bildsprache, in der er Elemente des Expressionismus und des Symbolismus kombiniert. Kraftvolle Pinselstriche und intensive Farben kombinieren einen flachen Farbauftrag und beschreibende Umrisslinien. In zahlreichen Zeichnungen hält Ascher die Berliner Gesellschaft und die zunehmende politische und soziale Polarisierung fest. Daneben finden sich humorvolle, der Karikatur verwandte Werke sowie eine ganze Reihe von Arbeiten, die sich der Welt der Musik, des Theaters, der Oper, aber auch des Sports widmen. Gleichzeitig ist der Künstler an mystischen und spirituellen Themen interessiert. 1915 und 1916 entstehen die ersten Hauptwerke “Golgatha” und “Der Golem”.

1933 kommt diese sehr fruchtbare Schaffensperiode abrupt zum Stillstand. Es folgen 12 Jahre der Verfolgung durch die Nationalsozialisten, in denen Ascher als geborener Jude und als „degenerierter“ Künstler seine Kunst nicht mehr produzieren, ausstellen oder verkaufen darf und ständig in Todesangst lebt. 1938 wird er während der Novemberpogrome im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert, gefolgt von Internierung im Polizeigefängnis Potsdam. Im Mai 1939 erreichen Freunde seine Freilassung, 1942 warnt der Polizei-Hauptwachtmeister Heinrich Wolber Ascher vor einer erneuten Internierung, er hatte seinen Namen auf einer Deportationsliste entdeckt. Ascher taucht in der Wohnung, später im Kartoffelkeller von Martha Graßmann, Freundin der Familie, in Berlin-Grunewald unter, er schreibt Gedichte. Noch am 25. April 1945 werden zahlreiche Werke Aschers durch einen Bombenangriff zerstört. Am 29. April 1945 befreien amerikanische Truppen Berlin-Grunewald. Ascher zieht zu Martha Graßmann und beginnt wieder zu malen. Nach Ausstellungen in 1946 und 1947 lehnt er weitere Ausstellungen seiner Arbeiten und Angebote für eine Lehrtätigkeit ab.

1945 überarbeitet Ascher zunächst frühere Gemälde wie „Bajazzo“ und „Bajazzo und Artisten“ in dieser Ausstellung, in einer expressiven Version des Pointillismus mit Punkten und kurzen Strichen von starker Farbigkeit. Danach finden sich menschliche Darstellungen nur noch in spontanen Tuschezeichnungen; Hauptfokus seiner Kunst wird die Darstellung der Natur. Ascher lebt in dieser Zeit sehr zurückgezogen, verbringt aber viel Zeit auf ausgedehnten Spaziergängen durch die Wälder des Berliner Grunewalds. Seine Waldszenen zeigen verwitterte Eichen und Kiefern als Symbole für Widerstandsfähigkeit und Hoffnung. Andere Werke aus dieser Zeit repräsentieren Wiesen, Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge. Der Künstler arbeitet mit neuer Unmittelbarkeit und Dringlichkeit und vereinfachten Formen und Medien. Dicke, helle Pigmente suggerieren lebhafte, lebensbejahende Freude und zeigen in der rauen Natur der Pinselstriche eine dunkle, innere Angst, die sich in Licht verwandelt. Bei näherer Betrachtung werden üppige Farbkonzentrationen neben roher Leinwand und ungezügelten Farbspritzern sichtbar. Aschers kraftvolle Bilder von Sonne, Bäumen und Blumen feiern das Überleben und die Kontinuität der Natur. Erst 1969, nur Monate vor seinem Tod, findet eine große retrospektive Ausstellung in der legendären Berliner Galerie Rudolf Springer statt.

Inhaltlich und formal lässt sich über die Figur des Clowns bei Fritz Ascher eine Brücke schlagen zu dem deutsch-jüdischen Künstler Jacob Pins (1917 – 2005), dem das Forum gewidmet ist. Auch in Pins´ Werk spielt die Figur des Narren eine besondere, stets reflexiv angelegte Rolle. Während der um eine Generation jüngere Pins das Motiv seit den 1950er Jahren immer wieder variiert, tritt bei Ascher im Verlauf der Zeit die Andersartigkeit des Clowns in den Vordergrund, missverstanden und leidend, im Kampf ums Leben und in existenzieller Einsamkeit.

Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiger, reich illustrierter Katalog.

Bilddaten: Fritz Ascher, Bajazzo, ca. 1916, Schwarze Tusche, Aquarell und Grafit auf Papier, 35,8 x 23,2 cm, Privatbesitz. ©2020 Bianca Stock

Kontaktinformation
Forum Jacob Pins
Westerbachstr. 35/37
37671 Höxter
Tel.: 05271-694 74 41
www.jacob-pins.de

Öffnungszeiten
Di. – So. 10:00 – 17:00 Uhr

Eintrittspreise
Erwachsene: 3,50 €
ermäßigt: 2,50 €
Kinder: frei
Mitglieder der Jacob Pins Gesellschaft: frei

1.  Fritz Ascher, Pagliacci (Skizzenbuch 3), 1916
Weisse Gouache über Graphit, Aquarell und schwarzer Tusche auf Papier, 44 x 31 cm
Privatsammlung. ©2020 Bianca Stock, Foto Malcolm Varon

2. Fritz Ascher, Golgatha und Festzug, undatiert (1910s)
Öl auf Holz, 50 x 66 cm
Privatsammlung. ©2020 Bianca Stock,
Foto Gerard Hamé

3. Fritz Ascher, Bajazzo, 1916
Schwarze Tusche, Aquarell und Grafit auf Papier, 35.8 x 23.2 cm
Privatsammlung. ©2020 Bianca Stock,
Foto Malcolm Varon

4. Fritz Ascher, Bajazzo, 1924/1945
Öl auf Leinwand, 121 x 99 cm
Privatsammlung. ©2020 Bianca Stock,
Foto Malcolm Varon

5. Fritz Ascher, Bajazzo, 1963
Weisse Gouache über schwarzer Tusche auf Papier, 8 x 43.7 cm
Privatsammlung. ©2020 Bianca Stock,
Foto Jason Mandella

6. Fritz Ascher, Zwei Bäume, 1963
Schwarze Tusche und Aquarell auf Papier, 56 x 44.8 cm
Privatsammlung. ©2020 Bianca Stock,
Foto Jason Mandella

7. Fritz Ascher, Sonnenblume, 1950er
Weisse Gouache und schwarze Tusche über Aquarell auf Papier, 35.3 x 35.7 cm
Privatsammlung. ©2020 Bianca Stock,
Foto Malcolm Varon

8. Fritz Ascher, Landschaft mit Wasser, ca. 1960
Öl auf Leinwand, 65 x 70 cm
Privatsammlung. ©2020 Bianca Stock,
Foto Ingo Rappers

9. Fritz Ascher, Landschaft, 1963
Schwarze Tusche auf Papier, 29.3 x 39 cm
Privatsammlung. ©2020 Bianca Stock,
Foto Jason Mandella

10. Fritz Ascher, 1950
Foto
Privatsammlung.
©2020 Bianca Stock