Fränkische Nachrichten, 3 May 2018

»Dem dunklen Vergessen entrissen«

“Leben ist Glühn” heisst die neue Ausstellung, die derzeit im Museum “Schlösschen im Hofgarten” vorbereitet und am 13. Mai eröffnet wird. Sie ist dem Expressionisten Fritz Ascher gewidmet.

by Elmar Kellner

Rachel Stern, Gründerin und Vorsitzende der New Yorker Fritz Ascher Gesellschaft, bereitet mit Dr. Jörg Paczkowski die Ausstellung “Leben ist Glühen” vor, die ab 13. Mai im Museum “Schlösschen im Hofgarten” gezeigt wird. Foto Elmar Kellner

“Fritz wer?” Man kann die Frage schon hören, das Stirnrunzeln des Fragenden förmlich vor sich sehen. Fritz Ascher, deutscher Expressionist, dem Max Liebermann grosses Talent bescheinigte, der bei Lovis Corinth gelernt hat und bei Kurt Agthe, der Kontakte pflegte zu Edvard Munch und Emil Nolde. Den man zur Avantgarde zählte. Und dessen Name bis vor kurzem kaum noch jemand kannte. Weil er zur sogenannten “verlorenen Generation” gehört, das Schicksal der Künstlerinnen und Künstler teilt, die im sogenannten Dritten Reich Berufsverbot erhielten, deren Kunst als “entartet” diffamiert, die verfemt und verfolgt wurden.

Zwischen München und New York

Das Verdienst, Fritz Ascher dem Vergessen entrissen zu haben, gebührt Rachel Stern. Sie hat den Künstler vor nunmehr über 30 Jahren erst für sich und dann, dankenswerter Weise, für die Öffentlichkeit entdeckt. Stern hat in new York die “Fritz Ascher Gesellschaft für Verfolgte, Verfemte und Verbotene Kunst” gegründet.

Die Kunsthistorikerin hat die Ausstellung massgeblich konzipiert, die in ähnlicher oder gleicher Form in Osnabrück und in Chemnitz zu sehen war. Diese sorgte um die Jahreswende in Berlin und Potsdam für Aufsehen und wird später nach München und schliesslich nach New York gehen. Sozusagen zwischendrin wird sie nun im Schlösschen im Hofgarten gezeigt. 

Das ist wieder einmal einem Zufall und der Umtriebigkeit von Dr. Jörg Paczkowski zu verdanken, der aus anderem Grund in Berlin weilend die Vorbereitungen der Ascher-Ausstellungen mitbekam. “Irgendwie hat sie mich gepackt”, erinnert er sich.

Nach ersten Gesprächen mit Rachel Stern war klar, dass die Schau auch nach Wertheim kommen wird. Obwohl hier nicht zuletzt die räumlichen Voraussetzungen so ganz andere sein werden, als in den Häusern, die Ascher bisher präsentiert haben oder noch präsentieren werden.

Ganz anderer Fokus möglich

“Ehrlich gesagt, finde ich gerade das ganz aufregend”, sagt Rachel Stern. Durch die Intimität, die hier möglich sei, entstehe ein ganz anderer Fokus. “Hier wird das komplette Werk Aschers gezeigt”, macht die Kuratorin deutlich. Besonders spannend finden sie und Paczkowski es, dass die frühen Arbeiten des Künstlers im Schlösschen im Kontext zu sehen sein werden mit denen seiner Förderer und Lehrer. “Fritz Ascher ist ein Expressionist. Er hat sein Handwerk gelernt und man kann die Handschrift seiner Lehrer spüren“. Rund 80 Gemälde und Zeichnungen werden gezeigt.

“Ich möchte schon, dass Fritz Ascher als Künstler erlebt wird”, betont Rachel Stern. Denn als solcher habe er – ungeachtet seines Schicksals – “sein Ding gemacht. Das, was er zu sagen hatte, das ist er losgeworden”.

“Golgatha” (“Golgotha”), 1915. Oil on canvas, 53.4 x 69 in. (135.5 x 175 cm). Signed and dated on lower left, “F Ascher 15”. Private collection. Photo Malcolm Varon ©Bianca Stock

Das Ölgemälde “Golgatha” gehört zu den Hauptwerken aus der frühen Schaffensphase Fritz Aschers. Wie fast alle Bilder des Künstlers, die in der Ausstellung zu sehen sein werden, befindet es sich heute im Privatbesitz. “Bild: Malcolm Varon Copyright Bianca Stock

Führende Expertin

Dabei ist unzweifelhaft, dass durch das Werk des 1893 geborenen und 1970 gestorbenen Künstlers ein Riss, andere sprechen von einem Graben, verläuft. “Ich finde seine späten Arbeiten sehr kraftvoll”, erklärt Rachel Stern, die als die führende, vielleicht gar die einzige Expertin für den Maler gilt.

“In seinem Frühwerk ist der spätere Ascher schon erkennbar, aber erst in den Arbeiten nach dem Krieg wird er wirklich zu sich selbst. Er folgte nicht den malerischen Konventionen, hat nur aus sich selbst gearbeitet – wenn auch nicht nur für sich selbst”, sagt die Kunsthistorikerin. “Vor allem aber: Fritz Ascher hat seine künstlerische Vision, seine Energie nicht verloren.” Und unterscheide sich damit von vielen, die wie er zur “verlorenen Generation” gehören.

Mühevolle Kleinarbeit

Vielleicht auch deshalb hat Rachel Stern sich in all den Jahren ihre Begeisterung für Fritz Ascher, die aus jedem ihrer Worte herausklingt, bewahren können. In mühevoller Kleinarbeit hat sie Details über sein Leben zusammengetragen, hat seinen Bildern nachgespürt, die sich heute fast alle im Privatbesitz, vor allem in den USA, befinden.

“Die Sammler sind froh, dass diese Arbeiten endlich einmal gezeigt werden”, sagt sie. Rachel Stern findet es “wichtig, dass sie zu sehen sind. Denn Fritz Ascher hat bedeutende Werke geschaffen”.