Märkische Allgemeine, Potsdam, 9 November 2018

“Forschungen zu verschwundenem Gefängnis.
Das Polizeigefängnis in der Potsdamer Priester-, später Bauhofstraße verschwand 2002 fast spurlos für einen Parkplatz. Nun wird seine Geschichte erforscht.”

by Volker Oelschläger

Uta Gerlant (l.), Leiterin der Gedenkstätte Lindenstraße, präsentierte die Publikation gemeinsam mit Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) und und Kulturdezernentin Noosha Aubel (parteilos). Quelle: Bernd Gartenschläger

Innenstadt. Hildegard Bromberg war Mitglied der Luckenwalder Widerstandsgruppe „Gemeinschaft für Frieden und Aufbau“. Im April 1944 fiel sie der Gestapo in die Hände. Verhört und gefoltert wurde sie im Polizeigefängnis in der Potsdamer Priesterstraße. Sie überlebte den Krieg mit schweren körperlichen Schäden. Im Mai 1951 nahm sich die Frau, kaum 30 Jahre alt, das Leben.

Hildegard Bromberg. Quelle: Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Hildegard Bromberg. Quelle: Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Hildegard Bromberg ist eine von acht Frauen und Männern, an deren Schicksal in einer Publikation erinnert wird, die am Freitag im Innenministerium vorgestellt wurde. In der Dokumentation „,Sechs Wochen sind fast wie lebenslänglich…’ Das Potsdamer Polizeigefängnis Priesterstraße/Bauhofstraße“ sind erste Erkenntnisse über die neben der Leistikow- und der Lindenstraße dritte große Potsdamer Haftanstalt aufbereitet, die für Historiker noch vor kurzem eine völlige Leerstelle war.

Die letzten Spuren des Baus verschwanden mit dem Abriss im Jahr 2002. Heute ist an seiner Stelle ein Parkplatz des Innenministeriums.

In den Fokus der Forschung geriet die Adresse durch das Ausstellungsprojekt „Das Leben ist Glühn. Der deutsche Expressionist Fritz Ascher“ im Potsdam-Museum. Der jüdische Künstler (1893-1970) wurde zur Pogromnacht am 9. November 1938 von den Nazis verhaftet. Der Gedenkstätte Lindenstraße war das Anlass für eigene Forschungen. Erste Recherchen ergaben, dass Fritz Ascher nicht in der Linden-, sondern in der Priesterstraße inhaftiert war.

Freistundenhof und Hafthaus. Quelle: Frank-Henry Siemon

Freistundenhof und Hafthaus. Quelle: Frank-Henry Siemon

Der Historikerin Astrid Homann sollte es in vergleichsweise kurzer Zeit gelingen, begleitend zur Kunstausstellung im Potsdam-Museum für eine parallel laufende Ausstellung in der Lindenstraße erste Zeugnisse des Gefängnisses Priester-/Bauhofstraße zu recherchieren und aufzubereiten.

Zu den erhaltenen Gegenständen zählte die Tür zur Zelle Nummer 333, die von Hannes Wittenberg, dem stellvertretenden Direktor des Potsdam-Museums, und dem ehemaligen Häftling Bernd Hübner kurz vor dem Abriss des Baus geborgen wurde. Spektakulärer Fund war ein Puppenhaus-ähnliches Modell des Polizeigefängnisses, das 1980 von Häftlingen für Brandschutzübungen angefertigt wurde.

Für die Ausstellung recherchierte Astrid Homann Häftlingsschicksale aus der NS-, aber auch aus der Nachkriegszeit, als die Bauhofstraße Stasi- und schließlich Polizeigefängnis war.