Stern, Rachel. “Fritz Ascher. Unterbrechung künstlerischen Schaffens”, in: Verfahren. “Wiedergutmachung” im geteilten Berlin. Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. in cooperation with Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Exhibition catalogue. Berlin, Aktives Museum. Berlin: Lukas Verlag 2015, pp. 48-53

Der jüdische Künstler Fritz Ascher beantragte am 25. April 1949 bei der Entschädigungsbehörde Berlin Entschädigung für Schaden an Freiheit, Körper und Gesundheit, beruflichem Fortkommen, und Eigentum und Vermögen.

Er beurkundete: »Ich bin Kunstmaler und Schriftsteller. Unter Anderem besuchte ich in Königsberg die Akademie der bildenden Künste […]. Meine Bilder wurden auf Ausstellungen wie Münchener Glaspalast, Juryfreien etc. angenommen u. hatten eine beachtliche Kritik.« Bereits seit 1933 musste Ascher dauernd seine Wohnung wechseln. Am 9. November 1938 wurde er ins KZ Sachsenhausen deportiert, von dort am 23. Dezember befreit und im Polizeigefängnis Potsdam inhaftiert, aus dem er am 15. Mai 1939 befreit wurde, dank des befreundeten Rechtsanwalts Gerhard Grassmann unterstützt von Probst Heinrich Grüber. Ascher, der 1901 getauft worden war, aber nach den »Nürnberger Gesetzen« als Jude galt, lebte dann in einer jüdischen Pension in der Teplitzer Straße 38 und musste sich dreimal pro Woche beim Polizeirevier im Rathaus Schmargendorf melden. Am 15. Juni 1942 warnte ihn der Polizei-Hauptwachtmeister Heinrich Wolber vor der bevorstehenden Deportation. Ascher versteckte sich bei Martha und Robert Grassmann, Gerhards Eltern. Sie erinnerte sich: »Er hat in einer kleinen Kammer in meinem Keller gehaust und wurde während der Luftangriffe im Kartoffelkeller des Hauswarts eingeschlossen.« In dieser Zeit schuf Ascher viele Gedichte.

Seit seinem KZ-Aufenthalt hatte Ascher gesundheitliche Probleme. Bereits am 3. Mai 1940 diagnostizierte Dr. Rosenstein »eine ausgesprochene Herzmuskelschwäche, einen chronischen Bronchialkatarrh, Druckschmerzen in der Blinddarmgegend und einen linksseitigen Leistenbruch. Im Bereich des Nervensystems zeigten sich allgemeine Erregbarkeit sowie hypochondrische Vorstellungen.«
Am 12. November 1951 entschied das Entschädigungsamt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Leistenbruch und KZ-Aufenthalt »nicht wahrscheinlich« sei, »eine konstitutionelle Disposition dazu [lag] bei dem Antragsteller ohne Zweifel schon viel früher vor.« Es wurde eine 50-prozentige Erwerbsminderung entschieden, allerdings befand man »als der Lage des Falles angemessen«, dass die erlittenen Gesundheitsschäden nicht mit der Einlieferung ins KZ am 9. November 1938, sondern erst 6½ Jahre später, mit Kriegsende am 1. Mai 1945 begannen.

Nach Kriegsende konnte Fritz Ascher endlich wieder malen, und schuf in zahlreichen Landschaften und Portraits ein starkes Spätwerk.

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